Pferdeschwänze statt GROKO

Kann sich noch jemand an den Werbespot mit den DFB-Damen erinnern? Die freche Wortwahl hat bestimmt anfangs für viele verdutzte Gesichter gesorgt. Mein Lieblingssatz ist immer noch: „Wir brauchen keine Eier – wir haben Pferdeschwänze.“

Und genau das, meine lieben Genossinnen und Genossen, ist Herz und Haltung. Was hindert uns daran, endlich wieder ein Herz für Menschen zu haben, endlich wieder Haltung zu zeigen? Wir müssen aufhören, Menschen mit Visionen zum Arzt zu schicken. Wir müssen aufhören, Mehrheiten hinterher zu jagen. Wir müssen aufhören, erst zu fragen ob etwas vielleicht bezahlbar sein könnte.

Ehrlich, mir sind eine feste Meinung und – willkommen in Limbo-Club – viereinhalb Prozent lieber als dieses verzweifelte Rumgegurke der letzten 30 Jahre. Oder um es mit den DFB-Frauen zu sagen: Habt endlich wieder Eier und Pferdeschwänze!

Wir heften uns als SPD zu Recht viele soziale Umwälzungen an die Brust. Aber mit diesem Haufen Opportunisten, Wenn-und-Aber-Denkern und Mehrheitsjägern möchte ich nicht in einem Matrosenaufstand stehen. Mit diesem Haufen Weicheiern möchte ich nicht der letzte Versuch sein, Nazis wieder irgendwie aufzuhalten.

Ja, damit tue ich vielen tapferen und den Kopf hinhaltenden Sozialdemokraten vor Ort Unrecht. Denn es gibt sie, die Sozialdemokraten mit Visionen, die Sozialdemokraten mit eisernem Willen, die aktuelle Rechtsdrift zu verhindern. Nicht nur hinter dem Handy in sozialen Medien, sondern auch Tag für Tag auf der Straße, in ihrem Ort, in ihrer Stadt. Nicht mit Phrasen, sondern mit Taten.

Seien wir doch mal ehrlich zu uns selbst. Regierungsanspruch am Arsch – wer Kanzlerkandidatin werden könnte ist wirklich das allerletzte Problem, das wir zu lösen haben. Was wir jetzt brauchen ist ein echt guter Plan. Nicht, wie wir Wähler zur nächsten Wahl hinters Licht führen, sondern wie wir überleben wollen!

Zukunft gestalten wollen ist prima. Die Sache hat nur einen winzigen Haken – um Zukunft zu gestalten muss man auch noch irgendwie leben. Und wenn wir schon bei ehrlich sind, ein Koalitionsvertrag wie der Jetzige hat nichts, aber auch wirklich überhaupt nichts mit Zukunft zu tun. Da geht es nur um Überleben. Irgendwie. Ohne Meinung. Ohne Vision.

Wir müssen aufhören, Rente gegen Klimaschutz auszuspielen. Wir müssen aufhören, Klimaschutz gegen Arbeitsplätze auszuspielen. Wir müssen aufhören, Arbeitsplätze gegen soziale Standards auszuspielen.

Ja, die Sozialdemokratie hat in der Vergangenheit viel bewegt und sehr vieles für die Menschen verbessert. Ja, auch nicht alles, was heute mit Hilfe der Sozialdemokraten beschlossen wird, ist grottenschlecht. Aber die Zeit des Schulterklopfens ist vorbei. Kein Mensch glaubt uns mehr, dass wir einen brauchbaren Zukunftsplan haben. Wie denn auch? Wir beschränken uns seit Jahren auf irgendwie reagieren. Auf bloß nichts falsch machen. Auf nur nicht eine Wählerstimme verlieren. Und wir erkennen dabei nicht, dass wir die Menschen, unsere Wähler, nicht mehr mitnehmen.

Wir sind gefangen in unserer eigenen Blase. Also lasst uns die Vision für eine gerechte und soziale Zukunft auspacken und diese Blase durchstechen. Und – glaubt mir ruhig – je größer die Vision, desto einfacher kommen wir aus der Blase raus.

Ohne pathetischen Glückauf-Firlefanz,
aber mit lieben Grüßen
Cornelis

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