Diese Vision ist entstanden, weil ich wütend bin. Wütend auf das ewige „ja, aber“, das ewige „darüber sollten wir mal diskutieren“, das ewige „vielleicht“ Kurz: das ewige, angepasste bloß nicht einen einzigen Menschen vor den Kopf stoßen. Wir machen seit 145 Jahren Politik in Barmstedt, ich finde, da dürfen wir gerne auch mal eine Meinung, ein Ziel, eine Vision haben.
Alt und simpel
Meine Vision für Barmstedt ist denkbar simpel und denkbar alt. Ich möchte, dass im Jahr 2030 alle Barmstedterinnen und Barmstedter glücklich sind.
Nicht so banal
Das klingt erst einmal banal. Aber es bedeutet, dass wir uns in den nächsten zweieinhalb Legislaturperioden ganz konkret um einiges kümmern müssen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir Arbeitsplätze nach Barmstedt holen. Nicht hoffen, dass sie kommen, sondern holen! Wir müssen dafür sorgen, dass bezahlbarer Wohnraum entsteht. Nicht hoffen, dass er entsteht, sondern schaffen – zur Not auch selbst bauen. Wir müssen dafür sorgen, dass eine gute Versorgung vor Ort gegeben ist. Nicht in das Amazon-Heulsusen-Gejammer einsteigen, sondern bestehende Alternativen aufzeigen. Wir müssen – gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der so überraschend kommt wie Weihnachten – dafür sorgen, dass die ärztliche Versorgung sichergestellt ist. Nicht warten bis die kassenärztliche Vereinigung zur Einsicht kommt, sondern laut und aktiv fordern. Und zuletzt, in meiner sicher nicht abschließenden Aufzählung, die Kultur. Auch hier gilt: Nicht nur unterstützen, sondern fördern!
Die abstrakte Schicht darüber
All das können wir direkt beeinflussen. Aber darüber gibt es eine abstraktere Schicht, die wir nicht vernachlässigen dürfen. Auch als kleiner Barmstedter Ortsverein müssen wir laut und deutlich für Einkommenssicherheit stehen. Auch als kleiner Barmstedter Ortsverein müssen wir laut und deutlich für Rechtssicherheit stehen. Das bedeutet eben nicht nur, dass vor dem Gesetz alle gleich sind, denn das mag auch in einer Diktatur der Fall sein. Sondern, dass Gesetze nicht länger von Lobbyisten und Hohlköpfen gemacht werden. Auch als kleiner Barmstedter Ortsverein müssen wir laut und deutlich für die Sicherheit unserer Heimat stehen. Das bedeutet natürlich kein hohles, rechtes Pseudo-Sicherheits-Geschwafel, sondern dass wir jetzt dafür zu sorgen haben, dass wir auch in 20, 30, 50 Jahren noch eine Heimat zwischen den Meeren haben – nicht unter den Meeren.
Freilich ist auch diese Aufzählung nicht abschließend. Wir können sie noch lange fortsetzen, aber wir werden damit im aller besten Fall nur Zufriedenheit schaffen.
Ein Fundament der leeren Zeit und Träume
Aber ist es nicht meine Vision für Barmstedt, dass alle Barmstedterinnen und Barmstedter im Jahr 2030 glücklich sind? Ja, ist es. Deswegen genügt es eben nicht, am realpolitischen Oberbau zu feilen. Deswegen müssen wir auch hier in Barmstedt unsere Politik wieder auf ein stabiles Fundament stellen. Auf ein Fundament der ökologischen Vernunft, statt des realpolitischen Irrsinns. Auf ein Fundament der Wertschätzung, statt des Neids, der Missgunst und des Hasses. Auf ein Fundament der leeren Zeit und Träume, statt der Identifikation über Arbeit.
Ein paar Beispiele
17 Ziele für nachhaltige Entwicklung
Die Stadt Lüneburg richtet – die niedersächsische Gemeindeordnung hin oder her – ihre Politik an den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen aus. Unsere Gemeindeordnung erwähnt zwar an fünf Stellen die kommunale Pflicht zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verliert aber über Umweltschutz, Nachhaltigkeit oder Natur nicht ein einziges Wort. Das können wir als quasi gottgegeben hinnehmen oder wir können versuchen es zu ändern.
Vereintes Europa
Am 11. Mai 1946 schrieb die SPD in Hannover zum ersten Mal nach dem zweiten Weltkrieg ihre Forderung nach einem Vereintem Europa nieder. Seitdem ist zwar jeden Menge Wasser die Leine hinunter geflossen, von einem vereinten Europa sind wir heute jedoch fast so weit entfernt wie 1946. Ideen für ein gar postnationales Europa keimen hin und wieder auf, werden aber niedergemetzelt als gelte es ein Kaiserreich zu verteidigen. Das können wir als quasi gottgegeben hinnehmen oder wir können versuchen es zu ändern.
Zeit für höhere Bedürfnisse
Seit 1863 kämpft die SPD für die Rechte der Arbeiter oder wie wir heute sagen, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das ist auch gut so. Nur in einer Welt, in der der Faktor Arbeit nur noch den Kapitalismus befeuern kann, müssen wir uns auch fragen, ob die Konzentration auf Defizitbedürfnisse – also jene Bedürfnisse die zum zufriedenen Überleben erfüllt sein müssen – noch genug ist oder ob es nicht Zeit wird sich höheren Bedürfnissen – also das Glücklich sein – zuzuwenden. Denn, machen wir uns nichts vor „Arbeit für alle“, ist nichts anderes als Wahlkampf für Kapitalismus. Auch das können wir als quasi gottgegeben hinnehmen oder wir können versuchen es zu ändern.
Dann mal ran!
Wenn wir als kleiner Barmstedter Ortsverein unseren 150 Geburtstag noch feiern wollen, haben wir noch sehr viel Arbeit vor uns. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass wir, wenn wir das jetzt schaffen, auch unseren 200 Geburtstag nicht als Nischenverein feiern müssen.