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Koalitionen mit Rechtsaußen – warum der Bumerang-Effekt droht

Kann man extrem rechte Parteien durch Regierungsbeteiligung „entzaubern“? Oder sie durch konsequente Ausgrenzung kleinhalten? Diese Fragen stellen sich Demokrat:innen in Europa immer wieder. Die wissenschaftliche Forschung gibt darauf eine klare Antwort: Nein. Beide Strategien bergen erhebliche Risiken – und haben in der Vergangenheit oft eher zur Stärkung als zur Schwächung der extremen Rechten beigetragen.

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Eine aktuelle Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) zeigt erneut, wie gefährlich es sein kann, Rechtsaußenparteien einzubinden. Statt Mäßigung führt die Zusammenarbeit meist zu mehr Einfluss für diese Kräfte, zu weiterer Radikalisierung und zur Normalisierung ihrer Positionen. Besonders für konservative Parteien kann sich das als Bumerang erweisen: Sie verlieren Profil und Glaubwürdigkeit, während die radikale Rechte wächst.

Finnland: Radikalisierung trotz Regierungsbeteiligung

Die Basisfinnen (Perussuomalaiset, PS) galten lange als „normale“ politische Kraft. Ihre Regierungsbeteiligung ab 2015 führte jedoch nicht zu einer Mäßigung, sondern zu einer tiefen Spaltung. Nachdem 2017 der moderate Flügel abgespalten wurde, übernahmen die Hardliner das Ruder.

Heute kontrolliert die Partei zentrale Ministerien und prägt den öffentlichen Diskurs mit migrationsfeindlichen Positionen. Rassismusskandale und Proteste begleiten ihre zweite Regierungsphase seit 2023. Finnland zeigt deutlich: Die Hoffnung, Rechtspopulisten durch Regierungsverantwortung zu entzaubern, ist eine Illusion.

Frankreich: Paradoxe Wirkung der Ausgrenzung

Frankreich wählte lange die Strategie der „republikanischen Front“: Alle anderen Parteien schlossen sich zusammen, um den rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) von der Macht fernzuhalten. Doch diese Ausgrenzung hat den Aufstieg der Partei nicht gestoppt – im Gegenteil.

Taktische Wahlallianzen stärkten den Opferdiskurs des RN: Viele Wähler:innen fühlten sich durch diese Blockbildung entmachtet. Gleichzeitig trug Marine Le Pens Kurs der „Entdämonisierung“ dazu bei, die Partei breiteren Wählerschichten attraktiv zu machen. Normalisierte rechtsextreme Narrative, Angriffe auf Medien und Gewerkschaften sowie die Schwächen des zentralistischen politischen Systems gaben dem RN zusätzlichen Rückenwind.

Das Ergebnis: Ob Einbindung wie in Finnland oder Ausgrenzung wie in Frankreich – beide Ansätze haben den Aufstieg der extremen Rechten nicht verhindert.

Was die Forschung sagt – Befunde der Friedrich-Ebert-Stiftung

Die Studienlage der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) bestätigt diese Ergebnisse. Einige zentrale Publikationen:

Gemeinsam ergeben diese Studien ein eindeutiges Bild: Ob durch Einbindung oder durch Ausgrenzung – die extreme Rechte gewinnt in beiden Fällen, wenn die politische Mitte nicht entschlossen ihre eigenen Werte und Inhalte verteidigt.

Fazit: Demokratische Selbstbehauptung statt falscher Rezepte

Die Erfahrungen in Europa zeigen, dass einfache Patentrezepte im Umgang mit Rechtsaußen nicht funktionieren. Weder die Hoffnung auf Entzauberung durch Regierungsbeteiligung noch die reine Strategie der Ausgrenzung haben die gewünschte Wirkung erzielt.

Entscheidend ist vielmehr, dass demokratische Kräfte ihre Grundwerte klar verteidigen, sich nicht treiben lassen und eigene Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen entwickeln. Nur so lässt sich verhindern, dass extrem rechte Positionen Schritt für Schritt zur neuen Normalität werden.

Dieser Artikel wurde auf Grundlage von Informationen aus dem Telegramkanal ‚Der rote Faden‘ sowie ausgewählter Studien und Analysen der Friedrich-Ebert-Stiftung erstellt und bündelt damit wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zum Umgang mit extrem rechten Parteien in Europa.